Leseprobe:
Das Juwel der Trelbs (Wolfgang Ring)
4. Kapitel
Das Schloss der Trelbs mit dem Namen Tarek erhob sich groß und
mächtig inmitten des Dschungels. Vier Türme umgaben einen großen
Platz, von dem nur eine Treppe in das Innere des Schlosses führte.
Viele Trelbs hatten sich auf ihm versammelt und beobachteten aufmerksam
den riesigen Dschungel, der Schloss Tarek umgab. Die Sonne stand noch
hoch am Himmel und warf ein warmes Licht auf den Dschungel der Trelbs,
als ein sich schnell näherndes helles Licht am Horizont auftauchte.
Aufregung machte sich unter den Versammelten breit und schnell entbrannte
ein kleines Streitgespräch. Einer der Trelbs packte einen anderen
am Arm und zeigte auf das Licht.
»Schaut, dort. Ein helles Licht!«
»Wo?«
»Dort.«
»Wo ist dort?«
»Na genau vor dir!«
»Du solltest dir mal die Haare aus dem Gesicht nehmen!«
»Meine Haare befinden sich nicht im Gesicht.«
»Wenn du das Licht nicht siehst, wohl doch.«
»Wie kommst du darauf? Ich habe das Licht doch bereits gesehen.«
»Wer hat dich gefragt?«
»Na du, wer denn sonst?«
So setzte sich diese Diskussion auf dem großen Platz vorm Schloss
Tarek fort. Doch der König der Trelbs hatte dieses hitzige Gerede
mit angehört und begab sich zur Treppe. Seine Krone trug er auf dem
Kopf, wobei die kostbaren Juwelen das Licht der Sonne reflektierten.
»Was ist das für ein Licht, das auf das Schloss zukommt?«
»Das Licht
«
»Das Licht, wo kommt es her?«
»Das Licht
«
»Ich will eine klare Antwort!«
»Wir haben das Licht erst vor einigen Augenblicken entdeckt.«
Der König schaute dem Licht einen Moment zu und bemerkte kurz:
»Ich denke, ich weiß, wer dieses Licht geschickt hat. Geht
alle an den Rand des Platzes!«
»Wieso?«
»Tut, was ich euch sage, aber schnell!«
Das Licht bewegte sich schnell auf das Schloss der Trelbs zu, machte schließlich
einen Bogen um den Platz, flog langsam auf seine Mitte zu und setzte sanft
auf dem Boden auf. Alle Trelbs schauten erstaunt dem Licht hinterher,
das sich letzten Endes als ein Kristall entpuppte. Wieder entbrannte die
Neugier unter der Menge und ein Gerede machte sich unter ihnen breit.
Jeder war von dem Kristall, der nun vor ihnen lag, so in den Bann gezogen,
dass er in Versuchung geriet, diesen zu berühren.
»Zurück! Niemand rührt den Kristall an!«
»Wie wollen doch nur
«
»Niemand berührt den Kristall!«
Wie gebannt standen alle Trelbs um den Kristall herum und sogar die im
Schloss Verbliebenen kamen ebenfalls über die große Treppe
auf den großen Platz. Alle starrten auf den Kristall, der einfach
nur vor ihnen lag. Das Licht war erloschen, nichts geschah.
»Und jetzt?«
»Warten wir einfach ab.«
»Wieso abwarten?«
»Weil er es gesagt hat.«
»Wer ist er?«
»Na er.«
»Der König. Wer sonst?«
Während wieder eine hitzige Diskussion unter den Trelbs entbrannte,
begann der Kristall in der Mitte des Platzes von innen her zu leuchten.
Das Licht, in dem der Kristall erstrahlte, begann zu pulsieren, gewann
immer mehr an Helligkeit und gab schließlich ein derart weißes
Licht ab, dass es die Betrachter blendete. Alle hielten sich die Hände
vor die Augen, als einen kurzen Augenblick später die Gestalt von
Baruch über dem Kristall in Lebensgröße erschien, während
das grelle Licht nachließ und durch die Erscheinung eine Nachricht
an die Trelbs übermittelt wurde: »Ich hätte schon lange
mal wieder etwas von mir hören lassen. Aber euch ist die Lage der
Stadt Arakea bekannt. Wir brauchen eure Hilfe, um großes Unheil
abzuwenden. Es geht darum, den Kristall, der Schutz gewährt und das
Buch, die große Bibliothek, die alle Antworten auf alle Fragen kennt,
in Sicherheit zu bringen. Farhad und Arion kommen morgen in aller Frühe
mit einem Luftschiff an den Rand des Dschungels. Ihr müsst beide
sicher durch den Dschungel führen und zur Stadt Nann bringen. Nur
dort sind der Kristall und das Buch in Sicherheit. Sie brauchen eure Hilfe
und erwarten euch morgen am Rande des Dschungels.«
Mit den letzten abschließenden Worten erlosch die Gestalt von Baruch,
dem Bibliothekar von Arakea, der Kristall begann wieder ein helles, weißes
Licht auszustrahlen, erhob sich wie von Geisterhand in die Luft, machte
einen Bogen um das Schloss und flog davon. Die Trelbs schauten dem Licht
so lange hinterher, bis es nicht mehr zu sehen war. Ihr König schritt
in den Saal, wo sich der Thron befand und die anderen Trelbs folgten ihm.
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