Leseprobe:
Der Weg nach innen -
Die Mondkönigin erzählt Geschichten aus dem Tal (Dagmar Bromund)

Haldis großer Tag

Von seinem eigenen Schnarchen sichtlich erschreckt erwachte Haldis am nächsten Morgen am selben Ort. Aus einiger Entfernung drang ein liebliches Stimmchen trällernd durch die Stille an seine Ohren. Es gehörte sicherlich nicht Plazebo, soviel konnte Haldis auf Anhieb erkennen. Als er in die Richtung sah, aus der er die singende Stimme zu Recht vermutete, konnte er erkennen, dass sich eine aufrechte Gestalt mit sanften, wippenden und ausgesprochen anmutigen Bewegungen näherte.
Aufgrund seiner besonders großen Nase konnte er den süßen Geruch dieser Elfe, um die es sich zweifelsohne hier handelte, aufnehmen. Sofort nach Erkennen dieser lieblichen Person begann es in seinem Schädel zu arbeiten. Seine wunderschönen großen, grünen Augen begannen feucht zu leuchten ... bei anderen Gelegenheiten ergab sich dieser Zustand nur, wenn es sich um Eierschalen oder leere Plastiktüten handelte.
Freudig überrascht sprang er auf, wobei sich ein Furz aus dem Staube machte, was Im Umkreis von 500 Metern zu akuter Waldbrandgefahr führte. Glücklicherweise war zu diesem Zeltpunkt kein Raucher in der Nähe. Nicht länger als nötig peinlich berührt strich er sein mit Margarine eingefettetes Haar zurecht, um optisch seiner, und nur seiner Meinung nach, besser auszusehen. Aus Kostengründen wählte er stets die günstigste Marke, die leider nicht unbedingt lieblich duftete ... wie er gerade In dieser Situation feststellte.
Zwischenzeitlich war die Elfe so weit herangekommen, dass auch sie diesen eigenartigen Geruch wahrnahm, ihn aber nicht gleich zuordnen konnte. Wie sich später herausstellte, hatte auch sie ein kleines Wahrnehmungsproblem. Nichtsdestotrotz erschien Ihr dieser Drachen sehr vertraut, und ehe sie sich ihm vorstellen konnte, begann Haldis zu sprechen:
„Kannst du sprechen? Wenn ja, welche Sprache?" Allein an seiner Wortwahl konnte man erkennen, dass dieser Drache zu viel Zelt vor der Glotze verbrachte! Wobei nicht eindeutig geklärt werden konnte, was zuerst da war: Sein eingeschränktes Denken oder derselbe Zustand nach Glotzenkonsum!
Es Interessierte ja auch nicht wirklich jemanden, denn der Effekt war derselbe.
Ja, ich spreche deine Sprache", flötete die kleine Elfe errötend. Sie hatte sich auf Anhieb in diesen, wie sie fand, schmucken Jünglingsdrachen verliebt. Verschämt wendete sie Ihren Blick zum Boden. Bei dieser unbeabsichtigten Aktion fielen Ihr die muskulösen Beine der sonst eher unsportlich anmutenden Gestalt auf. Erfreut fügte sie hinzu:
„Ich heiße Giles und bin eine Zwölfe aus dem grünen Volk."
„Aha“, bemerkte Haldis und versuchte vergeblich, sich diese seiner Meinung nach vielen Infos zu merken. Dunkel konnte er sich an Bemerkungen vom Wiesel Melek erinnern, die diese Aussagen zu bestätigen schienen. Leider konnte er sich nicht mehr an seinen Auftrag erinnern, da er diesen erstens nicht verstanden hatte, zweitens dabei auch noch eingeschlummert war und drittens außerdem verliebt war, ein Zustand, der zusätzlich seine Gehirntätigkeit negativ beeinträchtigte. Glücklicherweise war die kleine Elfe Giles sehr kontaktfreudig und stets bemüht, neue Freunde zu finden. Durch ihr kleines „Problemchen“ fand sie die alten oftmals nicht wieder.
Intuitiv erkannte sie, dass dieser Drachen genau der Richtige für sie wäre. Sie sagte:
„Ich liebe dich!“ Dabei holte sie ein kleines Elbenseil aus ihrer Tasche und band es Haldis, der sprachlos vor Entzücken ob der Einfachheit Ihrer Worte errötend den Kopf senkte, um.
Manch einer könnte denken, sie tat das, um ihn an sich zu binden ... aber nein, sie tat es, um ihn nicht zu verlieren! Und das ist nur auf den ersten Blick dasselbe. Allerdings machte Haldis sich gar keine Gedanken - wie immer. Das muss gefeiert werden, kam ihm in den Sinn. Sicherheitshalber sprach er es auch gleich aus:
„Das muss gefeiert werden!“ Zärtlich schmiegte sich Giles in seine Arme, während sie hauchte:
„Ja, mein Liebster. Lass' uns alle deine Freunde einladen.“ Hiermit hatte sich wieder einmal auf wundersame Weise das alte Sprichwort: 'Viele Wege führen nach Rom' erfüllt:
So wie Haldis seinen Auftrag, auch ohne sich an diesen erinnern zu können!

 

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